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Otto Brenner Preis – 3. Preis

dotiert mit 3.000 Euro

Simone Sälzer

Den 1. Preis der Otto Brenner Stiftung erhält Simone Sälzer für ihre Artikelserie

„Leben in Würde“ (Artikelserie 21.02.-23.05.2009, Passauer Neue Presse)

In der 14-teiligen Serie „Leben in Würde“ stellt die Autorin Einzelschicksale aus Deggendorf vor, die mit den Problemen der gesellschaftlichen Isolation kämpfen. Aus welchen Gründen kommt es dazu, dass Menschen sich von der Gesellschaft ausgeschlossen fühlen? Die Reihe hat darauf mehrere Antworten. Es sind Alkoholismus, Drogenkonsum, finanzielle Notlagen, Gewalt in der Partnerschaft, Krankheit, Alter und Tod, die von der Gesellschaft mehr Offenheit und Verständnis fordern, als sie in der Lage ist zu geben.

Sie können die 14-teilige Artikelserie von Simone Sälzer hier downloaden

    Simone Sälzer
    geboren 1978 in Passau

    Werdegang:

    • 2007-2009 Volontariat Passauer Neue Presse
    • 2006-2007 Freiberufliche Dozentin für Deutsch als Fremdsprache
    • 1999-2006 Studium der Germanistik, Romanistik, Politikwissenschaften und Deutsch als Fremdsprache an der Universität Regensburg
    • 1999-2006 Praktika, u.a. bei SZ, BR und Goethe-Institut
    • 1998 Abitur am Gymnasium Freyung

      „,Ich wollte einfach nur mal mit jemandem reden’, erinnert sich Sara Hanson an ihren ersten Anruf bei Caritas-Schuldnerberaterin Cornelia Beetz. Die Frau mit den langen brauen Haaren atmet kurz durch. ,Uns steht das Wasser bis zum Halse.’ Die allein erziehende Mutter hat Schulden in sechsstelliger Höhe. Ihre vier Kinder sind 21, 17, 13 und 4 Jahre alt, von ihrem Mann lebt sie seit gut einem Jahr getrennt.“

      Dieses Zitat aus der preisgekrönten Zeitungsserie von Simone Sälzer ist einer von gut einem Dutzend szenischen Einstiegen, mit denen sich die junge Journalistin jeweils prekären Feldern unserer Gesellschaft genähert hat. Mit solchen anschaulichen Exempeln nimmt Sälzer ihre Leser bei der Hand und zeigt jeweils gleich im ersten Absatz, was Sache ist: Überschuldung, Alkoholsucht, Gewalt gegen Frauen, Behinderungen, Asylsuche, Drogenkriminalität, Altersbetreuung, psychische Erkrankungen und was der sozialen und individuellen Probleme mehr sind, die die Volontärin der „Passauer Neuen Presse“ in ihrer 14-teiligen Serie „Leben in Würde“ geschildert hat.

      Als Soziographin zeigt Simone Sälzer einmal mehr, dass wir längst nicht mehr in der friedlichen nivellierten Mittelstandsgesellschaft von einst leben. Sie beweist kritische Aufmerksamkeit für Menschen am Rande, die von Marginalisierung bedroht sind. Als Journalistin hat Sälzer ein weiteres getan: Über die Dokumentation von Fallgeschichten hinaus zeigt sie mögliche Lösungen auf, sensibilisiert die Nicht-Betroffenen unter ihren Lesern und weist den Betroffenen den Weg zu sozialkaritativen Hilfen in Notlagen. Das ist Nutzwertjournalismus im besten Sinne: kein Blabla mit Freizeittipps, sondern verantwortliches Schreiben für den Tag und darüber hinaus, journalistisches Engagement mit Praxisbezug.

      Simone Sälzer hat hier eine überraschend reife Leistung hingelegt. Diese überaus gelungene Fleißarbeit einer Berufsanfängerin – 14 volle Zeitungsseiten, wahrlich keine Kleinigkeit! – ist auch als modernes journalistisches Format interessant. Denn jede Folge der Serie im Lokalblatt „Deggendorfer Zeitung“ bestand aus vier definierten Komponenten, die die Autorin konsequent und lesenswert umgesetzt hat. Ein Muster, von dem sich lernen lässt. Übrigens auch sprachlich. Die Klarheit, Nüchternheit und Anschaulichkeit ihres Stils sind die kommunikativen Qualitäten, die es braucht, um Leser einer Lokalzeitung anzusprechen.